Einen Moment lang halte ich die Luft an. Nicht aus Angst, sondern aus purer Ehrfurcht und Faszination. Ich erlebe eine Mischung aus tiefer Gelassenheit und wahnsinniger Euphorie.
Viktoria teilt mit uns ihre Erfahrung beim Silfra-Schnorcheln in Island. Es gibt nur sehr wenige Orte auf der Welt, an denen man zwischen tektonischen Platten schnorcheln kann – Island ist eines dieser Ziele.
Perfekte Freiheit. Ich bin schwerelos und praktisch unbeweglich. Die Welt hat sich verlangsamt, ich schwebe mühelos, während mich die sanfte Strömung, die ich kaum spüre, mitnimmt. Befreit von der Schwerkraft, unfähig zu kommunizieren, bin ich gezwungen zu beobachten, ohne zu reagieren. Ich bewundere die unglaublichen Bilder: Die Erde öffnet sich und eine dunkle Spalte zeigt sich in der Tiefe unter mir. In meinem Trockenanzug, der mit Luft gefüllt ist, schwebe ich sicher dahin, mitten im Raum zwischen Nordamerika und Eurasien.
Es ist, als wäre ich in einem anderen Bewusstseinszustand. Die Farben, die Geräusche, die Gedanken und die Gefühle sind intensiver und tiefer. Eben noch war ich ein bisschen durcheinander und machte mir Sorgen, weil ich mich außerhalb meiner Komfortzone befand. Jetzt, wo ich mein Gesicht ins Wasser stecke und sich die blaue Unterwasserwelt unter mir entfaltet, existiert nichts außer diesem herrlichen Moment.
Jeder, der schon einmal getaucht oder geschnorchelt ist, kann dir sagen, dass du die Schwerelosigkeit und den absoluten Frieden der Unterwasserwelt in jedem Gewässer erleben kannst. Es sind die einzigartigen geologischen und hydrologischen Merkmale, die Silfra so besonders machen.
Die Insel Island entstand aus einer enorm heftigen Bewegung zwischen zwei riesigen tektonischen Platten, die noch immer unaufhaltsam auseinanderdriften und die Landschaften der Insel in den letzten 18 Millionen Jahren geformt haben.
Silfra ist eine neu entstandene Spalte zwischen der Nordamerikanischen und der Eurasischen Kontinentalplatte. Der Riss entstand nach einem großen Erdbeben im Jahr 1789. Diesem folgten weitere größere und kleinere Erdbeben. Die Platten haben sich seitdem jedes Jahr etwa 2 cm weiter auseinander bewegt.
Island ist der einzige Ort auf der Welt, an dem du zwischen zwei Kontinentalplatten tauchen oder schnorcheln kannst.
Wenn das nicht Grund genug für einen Besuch ist, dann liefere ich dir ein weiteres Argument: Silfra hat das klarste Süßwasser mit der längsten Unterwassersicht auf dem ganzen Planeten. Taucher aus der ganzen Welt kommen nach Island, um dieses einzigartige Erlebnis von ihrer Bucket List zu streichen.
Das Beste an Silfra: Es ist für jeden sehr leicht zugänglich. Du musst nicht hinaussegeln oder tief in gefährliche Unterwasserhöhlen tauchen. Du brauchst noch nicht einmal Tauch- oder Schnorchelerfahrung, um Silfra zu erkunden. Du musst nur gesund und abenteuerlustig sein und schwimmen können.
Je kühler das Wasser, desto klarer ist es. Die Wassertemperatur in Silfra liegt konstant zwischen 2 und 4 Grad Celsius. Für die meisten Lebewesen ist es zu kalt, um dort zu leben. Die niedrige Temperatur ist jedoch nicht der Hauptgrund für die kristallklare Wasserqualität.
Das Wasser von Silfra kommt aus dem Erdreich. Das Schmelzwasser vom Langjökull, Islands zweitgrößtem Gletscher, braucht 30 bis 100 Jahre, um 50 Kilometer durch das Lavafeld zu wandern – die beste natürliche Filtermethode, die es gibt! Das Wasser, das in die Spalte fließt ist deshalb unglaublich rein. Beim Reinfließen entsteht außerdem eine sanfte Strömung, die dafür sorgt, dass das Wasser immer in Bewegung bleibt und niemals schmutzig wird.
Diese Strömung ist auch für Schnorchler sehr hilfreich. Du kannst dich einfach auf dem Wasser ausruhen, es wird dich die Spalte entlangtreiben. Alles passiert wie von selbst und ohne, dass du dich dafür anstrengen musst. Es ist ein bisschen, als würdest du eine Naturdoku im Fernsehen anschauen, nur eben viel intensiver.
Die Strömung hat noch einen weiteren Vorteil. Der konstante Zufluss von Süßwasser hält die Temperatur auf stabilen 2 bis 4 Grad. Da das Wasser die ganze Zeit in Bewegung ist, kann es nie einfrieren. Tauchen und Schnorcheln sind in Silfra also das ganze Jahr über möglich.
Warum ist die Sichtweite eigentlich so wichtig? Diese Frage stellen sich viele Menschen. Die Klarheit des Wassers gibt dir das Gefühl zu fliegen. Das Wasser in Silfra ist fast so klar wie die Luft. Du brauchst also nicht viel Fantasie, um das Gefühl des Fliegens zu erleben.
Die Sichtweite an anderen beliebten Tauchplätzen auf der ganzen Welt liegt meist zwischen 10 und 30 Metern. Orte mit einer Sichtweite von 30 bis 45 Metern gehören zu den besten Unterwassersichtweiten der Welt.
Silfra in Island ist momentan noch ein Geheimtipp, aber wird bei Tauchern immer beliebter. Mit einer Sichtweite von über 100 Metern ist es ohne Zweifel der beste Tauch- und Schnorchelplatz der Welt! Einige Quellen gehen davon aus, dass die Sichtweite noch viel größer sein muss und nur nicht exakt gemessen werden kann, weil die Spalte nicht lang genug ist.
Ohne Zweifel: Das Wasser in Silfra ist extrem kalt. Denke nicht einmal im Traum daran, dort ohne die richtige Ausrüstung zu schwimmen!
Kaltes Wasser bringt einige der einzigartigsten Unterwasserumgebungen auf dem Planeten hervor. Ambitionierte Taucher waren schon immer scharf darauf, diese Orte zu erkunden. Glücklicherweise hat sich die Tauchausrüstung im Laufe der Zeit enorm weiterentwickelt. Das Abtauchen in Umgebungen, die früher als lebensfeindlich galten, ist heute kein großes Ding mehr und gilt nicht einmal mehr als „extrem“.
Dicke, robuste Trockenanzüge aus speziellen Materialien helfen, das Wasser vom Körper fernzuhalten. Trockenanzüge sind so konzipiert, dass sie nicht einfrieren und die Kerntemperatur deines Körpers auf nahezu sommerlichen Werten gehalten wird.
Unter deinem Trockenanzug trägst du dein eigenes, langärmeliges Unterhemd sowie lange Unterhosen und Socken, die die Wärmeisolierung und deinen Komfort zusätzlich erhöhen. Wenn du vorhast, in Silfra zu schnorcheln oder zu tauchen, wird dir dein Reiseveranstalter die richtige Ausrüstung zur Verfügung stellen. Du musst nur die passende Unterwäsche mitbringen.
Als ich in Silfra geschnorchelt bin, war ich das erste Mal überhaupt in so eiskaltem Wasser unterwegs. Bis dahin bin ich weder geschnorchelt noch getaucht. Ich stellte mir das Erlebnis extrem heikel vor und war überrascht, wie einfach und leicht es letztlich war.
Der Trockenanzug war sehr schwer und fühlte sich unangenehm an. Als ich das erste Mal aus dem Wasser kam, fühlte er sich wie ein klatschnasser Raumanzug an. Ich würde definitiv keinen langen Spaziergang damit machen wollen! Die Maske schränkte meine Sicht ein bisschen ein und das Atmen durch das Rohr fühlte sich für eine Minute ein wenig seltsam an. Aber all diese Unannehmlichkeiten waren vergessen, als ich mein Gesicht ins Wasser hielt und die Schönheit unter mir sah.
Ich versuchte, meinen ganzen Körper ins Wasser zu legen, wurde aber sofort wieder an die Oberfläche gedrückt. Da mein Trockenanzug mit Luft gefüllt war, konnte ich nicht untertauchen, selbst wenn ich es gewollt hätte. Nach ein paar Minuten fühlte ich mich in meiner Ausrüstung akklimatisiert.
Dann merkte ich, wie die Strömung mich sanft vorwärts bewegte, nur ein paar Zentimeter pro Sekunde. Das Einzige, was ich tun musste, war, ganz ruhig dazuliegen und die Unterwassershow zu genießen. Na gut, ein bisschen schwimmen musste ich dann doch, um mich hier und da zu drehen und zu bewegen, wenn ich zum Beispiel etwas aus der Nähe anschauen wollte.
Die Körperteile, die vom Trockenanzug bedeckt waren, wurden nicht kalt. Nur die paar Stellen, an denen meine Haut mit dem Wasser in Kontakt kam, waren eiskalt. Meine Daumen, die in nassen Neoprenhandschuhen steckten, und auch mein Mund waren am Ende komplett taub. Es erinnerte mich an das Gefühl, dass man hat, wenn man wandern geht oder im Winter Ski fährt und das Gesicht durch den eiskalten Wind nicht mehr spürt. Allerdings ist das nichts, worüber du dir Sorgen machen musst. Es ist zwar unangenehm, aber völlig ungefährlich.
Es gibt viele Schnorcheltouren in der Silfra-Spalte. Wenn du selbst fahren möchtest, musst du nur pünktlich am Treffpunkt erscheinen. Du kannst dich von Reykjavík abholen lassen oder das Schnorcheln mit anderen Touren kombinieren. Du wirst dann vor und nach der Tour betreut.
Bevor du nach Silfra fährst, solltest du sicherstellen, dass du gute lange Thermounterwäsche und dicke Socken trägst oder dabei hast. Du wirst diese unter dem Trockenanzug benötigen.
Mitschnorchler vor Ort getroffen. Die Guides teilten mit uns Wissenswertes über Silfra, seine Geologie, die Ausrüstung und die Tour selbst. Wir bekamen eine Einweisung in den richtigen Umgang mit der Ausrüstung und es wurde uns Schritt für Schritt erklärt, was passieren würde. Das gab mir sofort ein sicheres Gefühl und die Gewissheit, in erfahrenen Händen zu sein.
Man half uns, die Ausrüstung richtig anzulegen und erklärte uns den Ablauf im Detail. Wir wurden dann in zwei kleine Gruppen von circa 6 Personen aufgeteilt. Beide Gruppen gingen getrennt ins Wasser, damit sie sich nicht gegenseitig stören würden.
Im Wasser spürte ich, wie der Guide mich ständig im Blick hatte. Er schwamm leise um uns herum und machte Fotos. Wir wussten, dass er direkt zur Stelle wäre, wenn wir ihn aus irgendeinem Grund bräuchten. Wir verbrachten etwa 40 Minuten im Wasser. Die ersten paar Minuten waren unglaublich aufregend. Ich fühlte mich die ganze Zeit sehr sicher und entspannt.
Bring fresh warm socks to put on after the tour.
In diesem Video zeigen wir dir, wie man einen Trockenanzug anzieht. Schau es dir unbedingt vor dem Besuch an. Du wirst vor Ort als echter Profi glänzen.
Unter der Wasseroberfläche erwarten dich die raue, aber atemberaubende Ansicht des nackten Felsens, die Blautöne des kristallklaren Wassers und der bodenlose Riss darunter, der in fast unsichtbare Tiefen hinabreicht.
Von dem Punkt, an dem du ins Wasser steigst, schwimmst du vorsichtig den 120 Meter langen „Großen Riss“ entlang. Dieser Abschnitt besitzt sowohl die tiefsten als auch die seichtesten Bereiche. Die größte Tiefe beträgt 42 Meter, die seichteste Stelle ist gerade mal einen halben Meter tief.
Hier ist die Silfra-Spalte auch am schmalsten, so schmal, dass du beide Seiten des Felsens gleichzeitig berühren kannst.
Im Sommer wachsen auf den Felsen im flachen Bereich leuchtend grüne Algen, die dieser scheinbar lebensfeindlichen, eiskalten und felsigen Unterwelt eine bunte Lebendigkeit und tropische Atmosphäre verleihen. Wenn du ein gutes Sehvermögen hast, wirst du viele winzige Fische und andere Tiere entdecken. Allerdings sind diese Lebewesen sehr scheu, sodass sie sich schnell in ihre Verstecke zurückziehen, sobald du vorbeischwimmst.
Der „Große Riss“ führt zu einem Ort namens Silfra-Hall. Hier weitet sich der Riss auf eine Breite von 8 Metern und eine Tiefe von 14 Metern, wobei riesige Felsbrocken auf dem Grund liegen.
Noch ein Stück weiter befindet sich der nächste Abschnitt der Silfra-Spalte, die „Kathedrale“. Dieser Ort wird dich garantiert umhauen! Die 100 Meter langen und 20 Meter tiefen Wände ragen tatsächlich etwa 30 Zentimeter über die Wasseroberfläche hinaus. Wenn dieser majestätische Abschnitt mit irgendetwas verglichen werden kann, dann mit den monumentalen, antiken Ruinen einer längst vergangenen Zivilisation. Dank der unglaublichen Sichtweite kannst du hier bis zum Ende zu sehen, das sind über 100 Meter! Diese „Weitsicht“ stellt einen Rekord auf: Sie ist die längste bekannte natürliche Unterwassersichtweite der Welt.
Nach der „Kathedrale“ schwimmst du links an einer kleinen Insel vorbei, bevor du in eine malerische Lagune eintauchst. Die durchschnittliche Tiefe beträgt hier 5 Meter. Der Boden der Lagune besteht aus superfeinem Sand, im Sommer gedeihen hier auch jede Menge surreal wirkende neongrüne Algen. Schnorchler bekommen die Möglichkeit, ein beaufsichtigtes Rundschwimmen zu genießen, bevor sie das Wasser verlassen. Nachdem du zurückkehrst und dich umgezogen hast, kannst du dich mit einer dampfenden heißen Schokolade aufwärmen.
Ich bin schon um den halben Globus gereist und habe so viele Naturwunder gesehen. Aber das Schnorcheln in Silfra gehört zu den besten Entdeckungen, die ich auf meinen Reisen machen durfte.
Silfra gehört zu den aufregendsten Teilen Islands. Du bist hier umgeben von wundervollen, märchenhaften Landschaften, endlosen Wanderwegen, heißen Quellen und Geysiren. Außerdem erwarten dich hier einige der schönsten Wasserfälle der Welt.
Silfra liegt im Herzen von Islands erstem Nationalpark, dem Thingvellir-Nationalpark, der auch zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Thingvellir hat einen außergewöhnlichen historischen, kulturellen und geologischen Wert.
Der gesamte Park liegt in einem Grabenbruch, der Teil des Mittelatlantischen Rückens ist. Dieser Graben erstreckt sich über erstaunliche 16.000 km. Silfra ist eine von vielen Klüften, die sich entlang dieses Rückens zwischen der Nordamerikanischen und der Eurasischen Kontinentalplatte gebildet haben. In der Gegend sind einige riesige Abgründe zu sehen. Hier kannst du sogar zwischen den tektonischen Platten wandern.
Thingvellir war auch der Ort des allerersten demokratischen Parlaments der Welt. Das „Althingi“, das Parlament des isländischen Gemeinwesens, wurde hier im Jahr 930 gegründet. Die jährlichen Sitzungen wurden über die Jahrhunderte hinweg mit nur 45 Jahren Unterbrechung in Thingvellir abgehalten, bevor das Althingi in der Neuzeit nach Reykjavík verlegt wurde.
Um Thingvellir drehen sich auch andere lokale Überlieferungen. Laut den isländischen Geschichtsbüchern wurden hier einst Frauen ertränkt, die außerehelich Kinder bekamen. Es war auch der Ort, an dem sich Gunnar und Hallgerdur in dem berühmten Buch Brennu-Njálssaga trafen.
Thingvellir ist außerdem eines der vielen Highlights auf der berühmten Golden-Circle-Route im Südwesten Islands. Der Golden Circle ist die beliebteste und meistbesuchte Sightseeing-Route Islands. Der Golden Circle umfasst einige Touristenattraktionen, die nur wenige Autostunden von Reykjavík entfernt liegen und ein absolutes Must-see sind. Die wichtigsten Stationen entlang des Golden Circle sind der Thingvellir-Nationalpark, das Geysir-Geothermalgebiet und der Wasserfall Gullfoss.
Der Geysir und Gullfoss befinden sich eine Autostunde von Thingvellir entfernt und sind nur 10 Autominuten voneinander entfernt.
Das Geothermalgebiet am Geysir ist einer der Orte in Island, an denen die Spuren intensiver unterirdischer vulkanischer Aktivität deutlich zu erkennen sind. Kochende Bäche und Pfützen, dampfender Schlamm und der faszinierende Geysir Strokkur, der alle 5 bis 10 Minuten Wasser in die Luft speit, verzaubern die Besucher immer wieder aufs Neue!
Gullfoss, der „goldene Wasserfall“, ist eine der Hauptattraktionen auf dem Golden Circle und außerdem einer der spektakulärsten und mächtigsten Wasserfälle Islands. Der Wasserfall stürzt über zwei Treppenstufen aus einer Gesamthöhe von 32 Metern in die Tiefe. Bei gutem Wetter bilden sich hier wunderschöne Regenbögen. Die prächtige Eiskappe des Langjökull dominiert den Hintergrund, was die Aussicht noch schöner und unvergesslicher macht.
Die Golden-Circle-Route hat aber weit mehr als nur drei Attraktionen zu bieten. Diese Gegend ist vollgepackt mit versteckten Schätzen. Jeder einzelne davon bietet ein Erlebnis, das du so schnell nicht vergessen wirst.
Wer kann einer Islandreise bei all diesen Naturwundern eigentlich noch widerstehen?
Steht das Abenteuer Island schon auf deiner Bucket Liste?